Die Beiträge in der SZ zur Popmusik eröffnen mir mittlerweile viele neue Zugänge. Und da steht im Lauf der Zeit eine Menge über einzelne Künstler. 2011 gab es im SZ-Magazin schon eine Fotoreihe: Sagen Sie jetzt nichts.
Im August war es eine Kurzkritik über das Album Hunter, die mich auf Anna Calvi aufmerksam machte. Kurz darauf wurde ein Konzert im Münchner Freiheiz angekündigt, zu dem ich schnell Karten erstand. Am 16.1 war es soweit.

Erster Eindruck beim Betreten des Freiheiz: lauter alte Männer!
Alt ist natürlich relativ. Zudem waren auch einige Frauen unterwegs. Jedenfalls im Schnitt meine Altersklasse, was ich nicht erwartet hatte, weil ich normalerweise den Altersschnitt des Publikums hebe. Es war auch nicht ganz ausverkauft, obwohl ein paar Tage vorher in der SZ ein Artikel zu den neuen Frauen in der Popmusik unter anderem Anna Calvi nannte: Als die Frauen die Rockmusik retteten vom 12.1.2019
Als ich ankam, versuchte DJane BiMän Stimmung zu machen. Das gelang zwar mit ihrer Techno/Electrosache nicht so ganz. Aber … Der letzteBeitrag war ein Remix von St. Vincent’s Los Ageless (siehe obigen Artikel). Von daher jedenfalls ein passender Übergang.
Dann ging’s los. Mit Wumms. Und das zog sich durch das ganze Konzert. Wobei Wumms nicht unbedingt laut bedeutete. Es waren auch sehr leise Passagen dabei. Aber alles gespielt mit einer unglaublichen Energie und einer wandelbaren, tollen Stimme. Mit viel Vibrato. Ein Mittel, das in der Popmusik nicht intensiv genutzt wird und sich daher ungewohnt anhört. Und Gitarre kann sie wirklich spielen. Vom leisen Zupfen über perlende Klangschauer bis hin zu slider-unterstütztem Gitarrengewitter war alles dabei. Letzteres nicht so mein Fall, aber genau dafür waren vielleicht die alten Männer gekommen.
Ein kurzer Steg führte von der Bühne etwas ins Publikum hinein und brachte noch mehr Nähe zum Publikum. Wobei ich mich schon gefragt habe, was in ihrem Kopf vorgeht, wenn sie sich auf dieser vorgeschobenen Plattform emotional nackt macht und dabei von den alten Männern fotografiert und gefilmt wird.

Die Setlist findet man im Netz. Das meiste stammt von der aktuellen Platte mit 2-3 Ergänzungen. Desire ist wohl einer der wenigen Ohrwürmer in ihrem Repertoire, den Anna Calvi dann noch in der Zugabe präsentierte.
Unterm Strich ein echtes Highlight. Wann kommt sie wieder?
Hier die Kurzkritik der SZ.
Was sagt Anna selbst zu ihrem Album Hunter? Quelle
I’m hunting for something – I want experiences, I want agency, I want sexual freedom, I want intimacy, I want to feel strong, I want to feel protected and I want to find something beautiful in all the mess.
I want to go beyond gender. I don’t want to have to chose between the male and female in me.
I’m fighting against feeling an outsider and trying to find a place that feels like home. I believe that gender is a spectrum. I believe that if we were allowed to be somewhere in the middle, not pushed to the extremes of performed masculinity and femininity, we would all be more free. I want to explore how to be something other than just what I’ve been assigned to be. I want to explore a more subversive sexuality, which goes further than what is expected of a woman in our patriarchal hetero normativ.